Gourmet-Tipp: Wo Prag den Atlantik berührt – das Restaurant Rybí trh

Im Teynhof kommen Fischliebhaber ins Schwärmen

Prag – In Prag gab es schon immer gute Gründe, den Teynhof (Týnský dvůr) zu besuchen: Im Mittelalter, weil sich hier der zentrale Handelsplatz der Stadt befand, wo Kaufleute aus ganz Europa ihre Waren umsetzten, sich bewirten ließen – und Zoll entrichteten – das so genannte „Ungeld“, das dem Ort seinen volkstümlichen Namen „Ungelt“ gab, berichtet www.tschechien-online.org

Zu Zeiten des Kommunismus kamen die Menschen ins Ungelt, weil hier eines der wenigen Geschäfte war, wo man die begehrten Ersatzteile für seinen Škoda, Dacia oder Trabant bekam. Und heute, weil dies einer der schmucksten Orte im Prager Zentrum ist – ein Vorbild an gelungener Altstadtsanierung und eine der Top-Adressen der Stadt.

Auch für Feinschmecker hat der Teynhof seine Reize: Im Ebel gibt es täglich frisch gerösteten Kaffee, im Haus des tschechischen Weins kann man sich durch sämtliche Gebiete, Lagen, Winzereien und Jahrgänge des Landes probieren, und im Rybí trh wird gekocht, als ob Prag nicht an der Moldau läge, sondern irgendwo am Atlantik.

Das Rybí trh gehört zum Schlemmer-Konsortium der Familie Pípek, die mit dem Gourmet-Tempel Flambée in Prag schon seit Anfang der 90er Jahre gastronomische Akzente setzt. Während im Flambée die Haute Cuisine französischer Prägung zelebriert wird, spielt im Rybí trh der Fisch die Hauptrolle – getreu dem Namen: denn Rybí trh heißt auf deutsch Fischmarkt.

Frisch vom Eis auf Pfanne und Grill

Ob Seefisch, Süßwasserfisch, Schalen- oder Krustentiere, hier bekommt man alles, was die Gewässer Europas und Nordamerikas an Köstlichkeiten hergeben – vom Eis oder, wie der kanadische und bretonische Hummer, direkt aus dem Aquarium, frischer geht es mitten in Europa nicht. Hinzu kommt das mit maritimen Elementen durchsetzte Design – innen Holz, helle Stoffe und Glas, zum Teynhof hin eine mediterran-großzügige Terrasse, alldas vermittelt den Eindruck, man befände sich am Meer.

Bei unserem Besuch im Rybí trh, gegen Ende der Hitzewelle dieses Sommers, wählen wir einen Terrassenplatz mit Blick auf die barocken und Renaissance-Fassaden des Ungelts.

Barock wird auch unser Abendessen ausfallen, nachdem wir uns mit der Karte und dem Tagesangebot vertraut gemacht haben: vorneweg eine deftige Bouillabaisse mit Lachs, Schwertfisch, Miesmuscheln und Garnelen sowie ein köstliches Thunfisch-Tartare, als Zwischenmalzeit folgen Miesmuscheln in einer feinen Weinsauce mit Fenchel und frischer Salat.

Bevor St. Petersfisch („Heringskönig“) mit gebratenen Pfifferlingen auf Püree und Dorade (vom Eis direkt auf den Grill) mit frischem Gemüse als Hauptgericht kommen, serviert man uns Mangoeis mit Zitronensorbet – einfach so, quasi zur Entspannung von Gaumen und Zunge.

Wer so gekonnt Zäsuren zwischen die Gänge komponiert, der hat seinen Ruf mit Sicherheit verdient. Erst recht, wenn er im Land der übertriebenen Kombinationen den Fisch so zubereitet, dass man ihn noch schmeckt. Die Dorade etwa war nur mit frischen Kräutern, Knoblauch und Zitrone gefüllt – manchmal ist weniger eben mehr.

Wohltuend ist auch der mährische Riesling, eine 2002er Spätlese vom Gut „Dobrá vinice“ in Nový Šaldorf südlich von Brünn, der mit dem Essen schön harmoniert und auch bestens zum Wetter passt. Für mich eine echte Entdeckung – und ein Grund, im Herbst endlich einen Ausflug nach Mähren zu unternehmen.

Von Georg Pacurar
www.tschechien-online.org


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