Der Österreicher Stepahn Waltl hat einen großen Plan. 20.000 Internetuser will er zum Hotelmanager machen. Das geht natürlich nicht kostenlos, sondern ist für 99 Euro pro Jahr zu haben. Allerdings ist man dann auch Mitbesitzer des Hauses, wenn wir das richtig verstanden haben. Bedeutet ebenso, dass man an allen Entscheidungen mitwirken kann und dort wohl auch günstiger absteigen.
Im Folgenden ein Interview mit Waltl, in dem der das Konzept von Own Hotel erklärt, so der Projektname. Mehr Infos auf jeden Fall unter www.own-hotel.com.
Herr Waltl, was ist so neu an OWN-HOTEL?
WALTL: Es gibt bisher 5 Arten von Kunden! Ich möchte das am Beispiel eines Gastes in einer Pizzeria beschreiben:
- Gast A wählt einen Vorschlag aus der Speisekarte („Pizza Hawaii“)!
- Gast B wählt eine Pizza aus der Speisekarte und passt sie seinen eigenen Vorlieben an
- („Pizza Hawaii und statt Ananas bitte mit Mango“)!
- Gast C stellt sich die Pizza selbst zusammen!
- Gast D wählt das günstige Tagesangebot!
- Gast E lässt sich vom Wirt eine Pizza empfehlen!
Das OWN-HOTEL-Konzept bietet eine neue 6. Variante! Wir lassen quasi den Gast seine Pizza selbst entwerfen, benennen, backen, vermarkten und essen – noch dazu zu einem günstigeren Preis! Nur statt der Pizza bieten wir ihm ein ganzes Hotel – sein eigenes Hotel!
Haben Sie schon ein Hotel in Aussicht, das Sie dann mit Hilfe der Internetuser kaufen bzw. betreiben wollen?
WALTL: Ja! Zurzeit haben wir 3 sehr schöne Hotels in Aussicht – insgesamt wollen wir aber mindestens 5 Hotels in 5 verschiedenen Destinationen; alle in verschiedenen TOP-Ferien- Regionen in Österreich – wenn möglich in verschiedenen Kategorien und unterschiedlicher Bettenzahl. Welches Hotel wir im Endeffekt übernehmen, entscheidet die OWN-HOTEL- Community mit Ihrer ersten Abstimmung!
Auf der Internetseite www.own-hotel.com haben Sie die Zahl 20.000 Hotelmanager veröffentlicht; multiplizieren wir das mit den von Ihnen ebenfalls kolportieren € 99 Jahresgebühr ist das zwar eine Menge Geld, aber meiner Einschätzung nach immer noch zu wenig für ein ganzes Hotel!
WALTL: Natürlich sind wir mit den errechneten 2 Millionen Euro noch weit vom Preis eines TOP-Hotels entfernt – ganz zu schweigen von den wahrscheinlich erforderlichen Umbaukosten. Aber man sollte bedenken, dass aktuell die Hotellerie eine durchschnittliche Eigenkapitalquote zwischen 5 und 10% aufweist. Ich bin davon überzeugt, dass sich mit unserem für den Tourismus neuwertigen Marketing-Konzept und dem finanziellen Background, den wir durch das „Crowdfunding“ erhalten, die Verhandlungen zwischen OWN-HOTEL und verkaufswilligen Hotelbesitzern oder einer Bank, sehr positiv gestalten werden.
Irgendwie erinnert das ganze an das „Ferienwohnrecht-Modell“ á la Timesharing. Ist OWN-HOTEL nur die nächste Generation?
WALTL: Nein, denn bei diesen Modellen erwirbt der Kunde für eine bestimmte Kaufsumme das grundbücherlich verbriefte Recht, immer wiederkehrend eine Unterkunft für einen bestimmten Zeitraum zu bewohnen. Dieses Recht kann, je nach vertraglicher Vereinbarung und je nach Anbieter und Konzept, von wenigen Jahren bis unendlich ausgeübt und sogar vererbt, verkauft oder vermietet werden. Zudem sprechen wir hier von einem sehr hohen Preis, der mit den € 99 von OWN-HOTEL nicht vergleichbar ist! Wir wollen die große Masse ansprechen – nicht Einzelne!
Der Internetuser erwirbt bei OWN-HOTEL keinerlei Eigentumsrechte und kann diese auch nicht weitergeben! Niemand ist verpflichtet im Hotel zu urlauben, geschweige denn Ideen zu liefern oder an Abstimmungen teilzunehmen. Wir sind definitiv kein Timesharing- oder Pyramiden-Modell und – ich nehme Ihre Frage vorweg – OWN-HOTEL hat auch nichts mit der virtuellen Welt von 2nd Life zu tun. OWN-HOTEL ist real!
Wie funktionieren diese Abstimmungen?
WALTL: Nehmen wir das einfache Beispiel mit dem neuen Cocktail für die Hotelbar! Am Montag ersuchen wir unsere „Direktoren“ sich Gedanken über einen neuen Cocktail zu machen. Eine Woche lang trudeln dann Vorschläge, Ideen, Rezepte usw. ein. Die Administration von OWN-HOTEL sammelt, kategorisiert und veröffentlicht am Ende der Woche die Vorschläge im Internet. Danach können alle Direktoren über die Vorschläge wieder eine Woche lang abstimmen. Der Vorschlag mit den meisten Stimmen gewinnt, kommt auf die Karte und trägt den Namen seines „Erfinders“! Das ist aber nur ein ganz kleines Beispiel, prinzipiell wird es zu allen Bereichen Abstimmungen geben, die dann von den Leuten vor Ort sukzessive umgesetzt werden müssen.
Wie wollen Sie diese Menge an Direktoren und all deren Meinungen verwalten!
WALTL: Sie haben Recht – das ist eine Grundproblematik von „Crowdsourcing“! Die Basis bildet ein professioneller interaktiver Internetauftritt! Zudem müssen alle Beteiligten im Internet, vor Ort im Hotel und in der Administration jederzeit über alle Entscheidungen informiert sein. „Transparenz“ ist das Zauberwort und wir versuchen unseren Direktoren diese Transparenz von Anfang zu demonstrieren!
Sie sprechen von einer Administration und Beteiligten vor Ort im Hotel – wer sind diese Personen? Welchen rechtlichen Status haben die Internetuser?
WALTL: Wir sind gerade dabei eine GmbH zu gründen. In dieser GmbH gibt es einen Geschäftsführer der den handels- und gewerberechtlichen Part von OWN-HOTEL übernimmt. Im Hotel selbst gibt es Mitarbeiter, die das operative Geschäft in der Verwaltung, Rezeption, Küche, Service, Housekeeping, SPA usw. übernehmen. Die vielen Direktoren aus dem Internet zahlen nur einen Jahresbeitrag. Dieser Jahresbeitrag berechtigt sie an den Abstimmungen teilzunehmen, günstig im Hotel zu urlauben, gewährt diverse Sonderkonditionen, und sollte jemand bei einer Abstimmung mit seiner eingereichten Idee als Sieger hervorgehen, erhält er eine attraktive Prämie. Rechtlich gesehen sind sie „Fans“ des Hotels – dadurch haben sie keinerlei Verpflichtung gegenüber dem Hotel! Keiner der Direktoren haftet für irgendwelche gewerbe- oder handelsrechtlichen Fehler! Wie heißt es so schön: Sie sind schad- und klaglos gehalten!
Sie behaupten, dass OWN-HOTEL antritt den Tourismus zu revolutionieren? Ist das nicht ein wenig hoch gegriffen?
WALTL: Das Konzept von OWN-HOTEL steht auf 4 Säulen: Innovationskraft, Finanzierung, Mitspracherecht, Kundengewinnung & –bindung. Die Herangehensweise ist bei allen 4 Punkten für sich allein schon eine kleine Revolution!
Die Gäste liefern jede Menge neue Ideen, ermöglichen die Finanzierung, helfen mit, weitere Gäste zu finden und werden durch die Abstimmungen permanent an das Hotel gebunden. Oftmals sind heutzutage nicht mehr die Hoteliers und deren Mitarbeiter die kreativen Köpfe, sondern irgendwelche Marketingagenturen. Je weiter sich aber das Marketing vom Kunden – sprich dem Gast – entfernt, umso weniger weiß man über dessen Bedürfnisse. Der Gast äußert seine Wünsche nicht bei der Marketingagentur, sondern an der Rezeption, bei der Massage oder beim Nordic-Walking mit dem Fitnesstrainer. Es ist an der Zeit, dass man den Gästen wieder zuhört und Ihnen ein Mitspracherecht gewährt. McDonalds hat es geschafft die Zeit zwischen Bestellung und Essen extrem zu verkürzen! OWN-HOTEL verkürzt den Abstand zwischen Hotel und Gast auf ein Minimum … indem man den Gast zum Direktor macht! Noch näher an das Bedürfnis heranzukommen ist fast nicht mehr möglich! Soweit ist noch keiner gegangen!
Warum musste es ausgerechnet ein Hotel sein? Kann man das Konzept nicht auch für andere Bereiche verwenden?
WALTL: Es gibt bereits seit Ende 2006 mit myfootballclub.co.uk ein ähnliches sehr erfolgreiches Crowdsourcing-Projekt. Dabei handelt es sich um einen englischen Fußballverein, der von seinen – größtenteils männlichen – Fans übernommen und jetzt auch betrieben wird. Fußball ist weltweit eines der emotionalsten Dinge die wir kennen, fast so emotional wie Urlaub! Damit war für meine Partner und mich die Querverbindung zum Tourismus hergestellt. Aber Sie haben Recht, es ist jederzeit möglich das System zu adaptieren. Meine Partner und ich besitzen alle eine Affinität zum Tourismus – also war OWN-HOTEL für uns nahe liegend.
Was ist Ihr persönlicher Bezug zum Tourismus?
WALTL: Ich selbst habe in einigen Hotels mitgearbeitet, bin seit einigen Jahren Hoteltester, unterrichte am WIFI in Salzburg zum Thema Tourismus und betreue inzwischen mit meinem eigenen Unternehmen (Anm. der Red.: microgast) diverse Hotels und Gastronomiebetriebe. Dabei habe ich unter anderem festgestellt, dass es aktuell im Tourismus einen extremen Innovationsstau gibt. Nur wenige Hoteliers, Hotel-Kooperationen und Verbände schaffen es mit neuen Ideen aufzuwarten; und wenn, dann scheitert es sehr oft am Kapital und der professionellen Umsetzung. Es gibt ein paar Vordenker, die werden vom Rest beobachtet und oftmals mehr schlecht als recht kopiert.
Vor allem wurde in letzter Zeit sehr vereinheitlicht und noch viel mehr „outgesourced“! Wenn es dabei um die Steuerberatung geht oder um das Design der Webseite, ist das verständlich. Unverständlich wird es, wenn die Gästebetreuung an Fremdfirmen vergeben wird. Auch viele Massage- und Kosmetikabteilungen sind nicht mehr in der Hand des Hotels. Oftmals gibt es dann Probleme in der Kommunikation zwischen den einzelnen Abteilungen und darunter leidet dann wieder die Qualität. Eine „negative“ Spirale und viele Hoteliers wundern sich dann, wenn es kritische Bemerkungen in den diversen Hotelbewertungsplattformen gibt.
Das soll sich dringend wieder ändern! So wird mit OWN-HOTEL nicht „outgesourced“ sondern eben „crowdgesourced“. Die Gäste sollen wieder die Chance haben gehört zu werden!
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