Heidelberg hat ein neues Spektakel: STORIES VI – Good Times, das neueste Pop-up-Restaurant der Bliss Group. Diesmal entführt uns die kulinarische Zeitmaschine in die glitzernde Welt der 70er und 80er Jahre. Die Location? Ein leerstehendes Bürogebäude des ehemaligen Springer-Verlags – nicht gerade ein Tempel der Gastronomie, aber immerhin ein architektonisches Kind jener Zeit. Und das Menü? Ein Rückblick auf eine Ära, in der Deutschland kulinarisch das Laufen lernte.
Hinter dem Herd steht kein Geringerer als Hendrik Otto, ehemals 2-Sterne-Koch im Berliner Adlon. Statt Angela Merkel und Barack Obama zu bekochen, serviert er nun in Heidelberg Hummersamtsuppe mit Trüffel, Kikok-Huhn mit Sauce Choron und Birne Helene. Wer jetzt denkt, das sei pure Retro-Nostalgie, irrt sich. Otto interpretiert die Klassiker nicht einfach nach, sondern bringt sie mit Feingefühl in die Gegenwart.
Doch so viel sei gesagt: Das Konzept von STORIES VI ist mehr als nur ein Menü auf Sterneniveau – es ist eine opulente Inszenierung, die irgendwo zwischen Nouvelle Cuisine und Discokugel-Kitsch pendelt.
Ein Ort zwischen Fine Dining und Szenegastronomie
Das STORIES-Pop-up ist kein klassisches Restaurant, sondern ein temporäres Erlebnis, das immer wieder neue Locations bespielt. Nach Bahnbetriebswerk, Barocksaal und Spielwarengeschäft ist es diesmal also ein ehemaliges Verlagshaus. Dass es sich um eine Büroleiche handelt, merkt man aber nicht – zumindest nicht auf den ersten Blick.
Acht Wochen lang wurde geschuftet: Neue Teppiche, Vorhänge, Designermöbel, Lichtinstallationen. Wer die Schwelle überschreitet, landet in einer durchdesignten Hommage an die 70er – eine Mischung aus Studio 54, Tantris und französischem Bistro.
„Unser Pop-up-Restaurant hat immer einen exklusiven Charakter“, betont Geschäftsführer Swen Schmidt. Und ja, das spiegelt sich auch in der Preisgestaltung wider: 165 Euro mittwochs und donnerstags, 185 Euro freitags und samstags – Getränke inklusive. Kein Schnäppchen, aber das STORIES ist auch kein Ort für den schnellen Happen.
Das Menü: Klassiker ohne Langeweile
Das Menü von Hendrik Otto ist eine Reminiszenz an die Nouvelle Cuisine, die in den 70ern auch in Deutschland endlich Fuß fasste. Wer heute feine Schäumchen, Reduktionen und Buttersoßen als selbstverständlich ansieht, verdankt dies jener Ära.
Die Menü-Highlights:
- Tatar vom US-Beef – mit fermentiertem Pfeffer, Staudensellerie und Gazpacho ein eleganter Auftakt.
- Hummersamtsuppe mit weißer Trüffelcreme – tief aromatisch, luxuriös, eine Hommage an die gehobene französische Küche.
- Kikok-Huhn mit Sauce Choron – ein Gericht, das beweist, dass feines Handwerk nicht veraltet.
- Birne Helene mit kandierten Veilchen und weißer Schokolade – Nostalgie mit modernem Touch.
- Toast Hawaii als Zwischengang – ja, wirklich! Dazu wird das Kultgetränk „Laterne“ serviert – wer es nicht kennt, sollte es probieren.
Das Besondere: Otto modernisiert die Gerichte, ohne sie ihrer Seele zu berauben. Die Aromen sind klar, die Technik perfekt, die Präsentation auf den Punkt.
















Fine Dining trifft auf Inszenierung – funktioniert das?
Die Bliss Group sieht STORIES VI nicht nur als Restaurant, sondern als Marketinginstrument und kreative Spielwiese. Und das merkt man. Es ist ein Pop-up für Menschen, die mehr wollen als nur gutes Essen. Es geht um Storytelling, um ein rundum durchgestyltes Erlebnis.
Doch reicht das? In einer Zeit, in der Erlebnisgastronomie oft zur kulinarischen Requisite verkommt, ist es ein schmaler Grat zwischen echtem Gourmet-Erlebnis und reiner Inszenierung. STORIES VI aber gelingt es, auf dieser Gratwanderung zu balancieren.
Klar, wer puristisch ist, wird das Brimborium um Orangefarbene Plastikstühle und gedämpftes Licht vielleicht unnötig finden. Aber für alle anderen ist es ein Abend, der nicht nur kulinarisch, sondern auch atmosphärisch länger nachhallt als ein perfektes Jus.
Fazit: Für wen lohnt sich STORIES VI?
✅ Für Fans von Fine Dining mit einer Prise Retro-Flair
✅ Für alle, die mehr als nur Essen wollen – ein immersives Erlebnis
✅ Für diejenigen, die bereit sind, für eine gut gemachte Inszenierung zu zahlen
❌ Nicht für Minimalisten, die Essen lieber ohne Theatralik genießen
❌ Nicht für Schnäppchenjäger – Qualität hat hier ihren Preis
STORIES VI ist keine Revolution, aber eine kluge und schmackhafte Hommage an eine prägende Ära. Wer bereit ist, sich darauf einzulassen, wird nicht enttäuscht.
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